Ma­the­ma­ti­sche Bio­lo­gie zum Be­rech­nen des Tu­mor­wachs­tums

Neues DFG-Projekt an der Universit?t Paderborn

Es k?nnte ein bedeutender Fortschritt in der Onkologie sein: An der Universit?t Paderborn untersucht ein Team von Mathematikern um Prof. Dr. Michael Winkler, wie das Wachstum von Krebstumoren mittels partieller Differentialgleichungen bestimmt werden kann. Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) f?rdert das bis 2019 angelegte Vorhaben mit einer Summe von rund 185.000 Euro.

Für Mathematiker und Naturwissenschaftler ist nahezu alles Materielle berechenbar. Fast alle Vorg?nge in der Natur lassen sich mithilfe von Zahlen und Formeln beschreiben: Das ist das Gebiet der mathematischen Biologie. 365足彩投注_365体育投注@ untersucht und beschreibt die Gesetzm??igkeiten biologischer Strukturen und Mechanismen. Dabei trifft sie Aussagen über die zugrundeliegenden Parameter, die diese Prozesse steuern. Das k?nnen etwa Berechnungen zum Wachstum von Populationen oder zur Verbreitung von Infektionen sein. Komplizierter werden die Dinge, wenn es um das Wachstum von Tumoren geht: ?Tumorzellen produzieren bestimmte Signalsubstanzen, die wiederum andere Zellen anlocken“, erkl?rt Prof. Dr. Michael Winkler. Man bezeichnet dieses Ph?nomen auch als Chemotaxis. ?So kommt es zu einer Zellanh?ufung, die letztendlich dazu führt, dass Tumoren wachsen.“ Zwar sei damit auf molekularbiologischer Ebene klar, was zu dem Wachstum führe. Allerdings gebe es bislang keine Informationen darüber, wie genau, das hei?t in welcher Zeit und in welcher Richtung, sich Tumoren ausbreiten.

Wo die Biologie auf ihre Grenzen trifft, setzt die Zahlenlehre an: ?An dieser Stelle braucht es Mathematik: Hier k?nnen Parameter bzw. Elemente einer Gleichung entfernt werden, ohne dass sie verheerende Konsequenzen h?tten. In lebendigen Systemen geht das natürlich nicht ohne Weiteres“, erkl?rt Winkler. Anders gesagt: Ein auf Hypothesen basierendes Modell soll mit mathematischen Analysen überprüft bzw. best?tigt werden. Aufgabe der Mathematik ist es, die Vorhersage aus der Biologie als richtig zu beweisen. Dies ist mithilfe von Differentialgleichungen m?glich. Das Besondere: Die Gleichungen erlauben Aussagen zu r?umlicher und zeitlicher Ausdehnung. Dazu Winkler: ?Die Vorhersage, dass Tumoren aufgrund der Signalsubstanz wachsen, ist medizinisch best?tigt. Mithilfe von Computern und mathematischen Beweisen hoffen wir bald sagen zu k?nnen, wie die Verteilung im dreidimensionalen Raum bzw. die Streuung aussieht.“

Partielle Differentialgleichungen sind ein gro?es Teilgebiet der Mathematik. Charakteristisch für die Tumorberechnung ist besonders die Verwendung von Gleichungen mit Kreuz-Diffusion: Dieser Mechanismus, so wird vermutet, ist für die zielgerichtete Ausbreitung der Krebszellen des Tumorgewebes auf gesunde Zellen und letztlich deren Zerst?rung verantwortlich. Ziel der mathematischen Untersuchungen ist es nun, genaue Angaben zu Tumorwachstumsprozessen zu machen. Die Analysen der Paderborner Mathematiker sind derzeit allerdings noch im Bereich der Grundlagenforschung angesiedelt. ?Bisher gibt es nur Aussagen für den zweidimensionalen Raum, mit neuen Methoden erhoffen wir Ergebnisse für den dreidimensionalen Raum“, erkl?rt Winkler. So würden bald Aus- und Vorhersagen zu Migration und Wanderung der Zellen m?glich. Gültig seien diese für alle Tumorarten – ob viral oder genetisch bedingt.

In der Medizin k?nnten die Berechnungen dazu beitragen, das Tumorwachstum zu hemmen, beispielsweise indem Migrationsmechanismen unterbrochen oder Signalsubstanzen gel?scht würden. Derartige Methoden k?nnten au?erdem die bis dato g?ngige und für den gesamten K?rper belastende Chemotherapie ersetzen. ?Bis es soweit ist und es entsprechende pharmazeutische Mittel gibt, wird es allerdings noch mindestens zwanzig Jahre dauern“, sagt der Mathematiker.
 

Text: Nina Reckendorf 

Foto: Prof. Dr. Michael Winkler
Foto: Prof. Dr. Michael Winkler