Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen in der Automobilproduktion verbessern und was sind die Voraussetzungen f¨¹r ein l?ngeres und m?glichst gesundes Arbeitsleben? Welchen Einfluss haben Fahrstil und Pr?mienzahlungen auf den j?hrlichen Dieselverbrauch von LKW-Fahrern? Solche Fragen er?rterte Prof. Dr. Bernd Frick von der Fakult?t f¨¹r Wirtschaftswissenschaften, Lehrstuhl f¨¹r Organisations- und Medien?konomie an der Universit?t Paderborn und Direktor des Instituts f¨¹r Arbeit und Personalmanagement, MobileLife Campus in Wolfsburg, im ?ffentlichen Auftaktvortrag der Reihe ?Wirtschaftswissenschaftliches Denken und Handeln¡°. Das bei den anschlie?enden Fragen sehr engagierte Publikum aus Studierenden und interessierten Zuh?rern konnte dabei u. a. erfahren, wie strategisch klug positionierte empirische Forschung einen wichtigen Beitrag zum Abbau von Vorurteilen wie ?Praxisferne der Wirtschaftswissenschaften¡° oder ?Elfenbeinturmdenken¡° leisten kann.
Prof. Dr. H.-Hugo Kremer leitete als Studiendekan der Fakult?t in die Thematik ein und zeigte auf, unter welchen Voraussetzungen Forschung unmittelbar auf die Prozesse eines multinationalen Automobilkonzerns einwirken kann. Prof. Frick, der in seinem Institut grundlegende Fragen der Praxis aufnimmt und systematisch in Sachen Arbeit und Personalmanagement Erkenntnisse anbietet, f¨¹hrte aus, dass Handlungsempfehlungen f¨¹r Praktiker fundiert und empirisch belegbar sein sollten.
Prof. Frick gab in seinem Vortrag ?Die praktische Relevanz wirtschaftswissenschaftlicher Forschungsmethodik¡° erhellende Einblicke in wirtschaftswissenschaftliche Arbeitsweisen, die im Ergebnis niemals ?Sch¨¹sse aus der H¨¹fte¡° sein d¨¹rften, ?sondern immer mit empirisch belegbaren Handlungsempfehlungen f¨¹r die Betriebspraktiker einhergehen m¨¹ssten.¡° Sein Statement: ?Forschung muss auf Zielgr??en Bezug nehmen, die der Praktiker, also in diesem Fall das Personalmanagement, unmittelbar beeinflussen kann. Stehen Befunde zur Verf¨¹gung, sollten sie auch f¨¹r konkrete Entscheidungen zur Optimierung von Arbeitsprozessen eingesetzt werden k?nnen.¡°
Wissenschaftliche Fallstudien verbessern Arbeitsorganisation und -prozesse
Mit einer Fallstudie zum Thema ?Fehlzeiten¡° von Arbeitnehmern konnte Frick nachweisen, wie sich dabei eine unterschiedliche Einteilung der Arbeitszeiten bei Wechselschichten auswirkt. Eine wichtige Erkenntnis beeinflusste die Ergebnisse der Erhebungen: Mitarbeiter ziehen auf Dauer offenbar m?glichst gleich lange Wochenenden ohne Dauernachtschicht vor. Entsprechend wurden alternative Schichtmodelle getestet, die auch zu unterschiedlichen Ergebnissen f¨¹hrten. Sanken beim Umstieg auf ein ?vorw?rts rotierendes¡° Schichtmodell die Fehlzeiten um 13 Prozent, nahmen sie beim Wechsel in ein ?r¨¹ckw?rts rotierendes¡° Modell, welches die Pr?ferenzen der Mitarbeiter st?rker ber¨¹cksichtigte, wieder zu.
Auch die Fallstudie zum Dieselverbrauch f¨¹hrte zu unmittelbar umsetzbaren Handlungsempfehlungen an das Personalmanagement des Unternehmens. Anhand umfangreicher Daten aus dem Flottenmanagement konnte nachgewiesen werden, dass die Abschaffung des ¨¹ber Jahre verwendeten Bonussystems f¨¹r ?umweltbewusstes¡° Fahren einen Mehrverbrauch an Diesel
von 0,3 Liter pro 100 km zur Folge hatte. Dies bedeutet, dass bei einer Fahrleistung von 127.000 km im Jahr die Kosten des Treibstoffverbrauchs je Fahrer um rund 500 € zunahmen. Dieser Befund zeigt, dass monet?re Anreize einen erheblichen Einfluss auf die Performance selbst von solchen Arbeitnehmern haben, deren Verhalten l¨¹ckenlos beobachtbar ist.
Paderborner Wirtschaftswissenschaftler orientieren sich an grundlegenden Herausforderungen der Praxis
Professor Frick zog am Ende ein klares Fazit: Wirtschaftwissenschaftliche Forschung findet nur selten im Elfenbeinturm statt. L?sungen sind dann ¨¹berzeugend, wenn sie empirisch begr¨¹ndet sind und es ist unverzichtbar, mit den Praktikern vor Ort ins Gespr?ch zu gehen: ?Wir denken f¨¹r die Praxis nicht vor - wir denken nach.¡°
Im Sommersemester 2014 finden in diesem Rahmen zwei weitere Vortr?ge statt. Am Mittwoch, 04.06.2014, 16 ¨C 18 Uhr (c. t.), referiert JProf. Dr. Karl-Heinz Gerholz ¨¹ber ?Research-based Design oder Design-based Research: Wie entstehen moderne Lernumgebungen in der Hochschule?¡° und am Mittwoch, 02.07.2014, spricht Prof. Dr. Andr¨¦ Uhde (Lehrstuhl f¨¹r Finanzierung und Investition) ¨¹ber die ?Divergenz zwischen ?konomischem Modell und ?konomischer Realit?t? Eine Diskussion mit Fallbeispielen aus dem Bereich ?Finance¡¯¡°. Alle Vortr?ge dieser Reihe sind ?ffentlich und k?nnen von an wirtschaftswissenschaftlichen Fragestellungen Interessierten besucht werden.