Im­pul­se der Welt­re­li­gi­o­nen für Wirt­schaft und Po­li­tik – Ta­gung des Zen­trums für Kom­pa­ra­ti­ve Theo­lo­gie und Kul­tur­wis­sen­schaft mit gro­?em Er­folg be­en­det

Vom 28. bis 30. Juni fanden sich im Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn renommierte und engagierte Pers?nlichkeiten aus Theologie, Wirtschaft und Politik zusammen, um dr?ngende Fragen der Wirtschaftsethik zu diskutieren. Im Mittelpunkt der Tagung stand dabei die Frage, ob und wenn ja inwiefern Religionen einen Einfluss auf die Handlungsweise von Entscheidungstr?gern aus Politik und Wirtschaft haben k?nnen und dies auch gerade angesichts der Wirtschaftskrise und der bestehenden Ungerechtigkeiten zwischen sogenannter Erster und Dritter Welt. In drei verschiedenen Themen-Panels wurde sich dieser Frage gewidmet: Impulse für eine gerechte Weltwirtschaftsordnung, Wirtschaft und Ressourcenverbrauch, Geld und Verantwortung.

?Gemeinsam an dieser Fragestellung mit dringendem Handlungsbedarf arbeiten, um so zur Entwicklung ethischer Leitlinien der Religionen beizutragen“ beschrieb Prof. Dr. Klaus von Stosch, Vorsitzender des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften (ZeKK) der Universit?t Paderborn und Veranstaltungsorganisator, ein Hauptziel der Tagung. ?Gerade in Paderborn – einer Stadt, in der das Gespr?ch über Gott zu Hause ist“ so Heinz Paus, Bürgermeister der Stadt Paderborn, k?nne ein solches Vorhaben gelingen. Neben Bürgermeister Paus und Prof. Dr. Nikolaus Risch, Pr?sident der Universit?t Paderborn, sprachen sich auch der Sprecher der Initiative Paderborn überzeugt, durch die die Tagung auch finanziell unterstützt wurde, sowie der Paderborner Erzbischof Becker und die Superintendentin Schr?der für den Dialog der Religionen und deren Impulse für die Wirtschaft aus.

Im ersten Panel diskutierten am Donnerstagnachmittag die Rabbinerin Elisa Klapheck, der muslimische Theologe Prof. Dr. Syed Nomanul Haq aus Pakistan und der CDU-Politiker Oswald Metzger. Hei? wurde das Thema Geldzins debattiert. W?hrend Haq ein absolutes Zinsverbot aus dem Koran ableitete, sprach sich Rabbinerin Klapheck für ein relatives Zinsverbot begründet aus der Thora aus, das ein Limit für Zinsen vorsieht, Armen ein zinsloses Darlehen erm?glicht und sich insgesamt gegen die Spekulation mit Grundnahrungsmitteln richtet. Beide Theologen betonten dabei die enge Verbindung von Religion und Wirtschaft. Als Teil des Lebens habe Gott auch in diesem Bereich etwas Entscheidendes zu sagen. Metzger stellte diese Ansicht in Frage.

Besonders eindrucksvoll stellte sich auch das Gespr?ch der abrahamischen Religionen am Freitagvormittag dar. Landesbischof Bedford-Strohm hielt ein überzeugendes Pl?doyer für die vorrangige Option für die Armen und lieferte konkrete ?bersetzungsvorschl?ge in den Alltag der Wirtschaft bis hin zur Forderung nach der Einführung einer Finanztransaktionssteuer und der Feststellung, dass jede Liberalisierung daran zu messen sei, ob sie den Schw?chsten nütze. Danach folgte ein geradezu prophetischer Vortrag Rabbi Soetendorps, in dem er sich mit gro?em Eifer und gro?er Herzensw?rme für mehr Gerechtigkeit und eine Vers?hnung der Religionen einsetzte. Das sp?tere Podium gemeinsam mit dem muslimischen Theologen Haq zeichnete sich als Podium der abrahamischen Religionen durch einen sehr respektvollen und fast liebevollen Umgang miteinander aus.

Ein weiterer H?hepunkt war dann der Vortrag des Buddhisten, Prof. Dr. Brodbeck, der die Wirtschaftswissenschaften hart kritisierte und ein leidenschaftliches Pl?doyer für ein inneres Umdenken der Menschen hielt. Dieser Einsatz bei der Einstellung der Menschen wurde im folgenden Podium mit dem Hinduisten, Prof. Dr. Menon, und auch unter Beteiligung des Publikums sehr kontrovers diskutiert. Reicht es wirklich bei den Einstellungen der Menschen einzusetzen oder müssen die Regeln der Wirtschaft ver?ndert werden?

Ein besonderes Highlight am Ende der Tagung war dann das letzte Panel. Prof. Dr. Hengsbach argumentierte k?mpferisch aus der Katholischen Soziallehre heraus und pl?dierte dabei für einen Schuldenschnitt angesichts der Wirtschaftskrise und ein Umdenken für mehr Gerechtigkeit und Solidarit?t in Europas Wirtschaftspolitik. Heinrich Deichmann, Gro?unternehmer der gleichnamigen Schuhmarke, stellte sein Firmenkonzept vor, das von seinem gro?en christlichen Engagement gepr?gt ist. Die Bibel liefere Leitlinien, die helfen, dass das Unternehmen dem Menschen, als Gesch?pf Gottes, diene. Jedoch, so merkte auch Hengsbach im nachfolgenden Podium an, handle er vielleicht nicht immer mit genug Aufmerksamkeit für die Nebenfolgen seiner unternehmerischen Entscheidungen, worauf auch psychologisch brillant der nach ihm sprechende Wirtschaftswissenschaftler Fahr hinwies. Er analysierte treffend, warum Unternehmer oft ganz gegen ihren Willen in einer Weise handeln, von der eben doch nicht die Schw?chsten profitieren, selbst wenn dies ihr Ziel ist. Sein Fazit, religi?se Werte k?nnen helfen, die Selbstt?uschung im unternehmerischen Handeln zu erschweren, war zugleich sehr ermutigend. Schlie?lich lieferte der Banker El Mogaddedi spannende muslimische Impulse, in denen er sein Konzept vom Islamic Finance in fünf Hauptpunkten vorstellte, zu denen u. a. das absolute Geldzinsverbot, die enge Verbindung zur Realwirtschaft und die Ablehnung bestimmter Industriezweige wie Waffenhandel, Alkohol- und Glücksspielindustrie und auch Schweinefleischhandel geh?rt. Besonders das Thema Geldzins und die Durchführbarkeit der Verbindung zur Realwirtschaft führten in der nachfolgenden Podiumsdiskussion mit Hengsbach zu gro?en Debatten.
Insgesamt hat die Tagung viel in Bewegung gebracht und führte zu einem ausgesprochen inspirierenden und fruchtbaren Austausch zwischen den Religionen und zwischen Religion und Wirtschaft. ?Es wurde deutlich, dass auch die Religionen keine fertigen Rezepte zur L?sung der gegenw?rtigen Krise haben, dass sie aber Impulse zu geben verm?gen, die wir bitter n?tig haben, wenn wir für mehr Gerechtigkeit im Wirtschaftssystem sorgen und die an den Rand Gedr?ngten nicht vergessen wollen, gerade dann, wenn sie gemeinsam agieren.“ so Klaus von Stosch.
 

Ann-Christin Baumann
Universit?t Paderborn
Zentrum für Komparative Theologie
und Kulturwissenschaften (ZeKK)

Foto: Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach und Heinrich Deichmann im Gespr?ch
Foto: Prof. Dr. Friedhelm Hengsbach und Heinrich Deichmann im Gespr?ch
Foto: Podiumsdiskussion Panel 3: Prof. Dr. René Fahr, Prof. Dr. Klaus von Stosch, Zaid
Foto: Podiumsdiskussion Panel 3: Prof. Dr. René Fahr, Prof. Dr. Klaus von Stosch, Zaid